Großzügigerer Besteuerungsaufschub durch das ZuFinG – Ist das der „Doppel-Wumms“?

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Mitarbeiterbeteiligungen

Großzügigerer Besteuerungsaufschub durch das ZuFinG – Ist das der „Doppel-Wumms“?

Schon vor dem Inkrafttreten des ZuFinG wurde die Neuregelung der Mitarbeiterbeteiligungen heiß diskutiert. Eine Vielzahl von Vorschlägen und möglichen Neufassungen geisterten durch die juristische Fachpresse und auf entsprechenden Blogs. Nicht alle Vorschläge oder Entwürfe schafften es letztlich ins Gesetz. Nach Inkrafttreten zu Beginn diesen Jahres jedoch haben wir Klarheit über die Neuausgestaltung der Mitarbeiterbeteiligung und dies nehmen wir zum Anlass, um aufzuzeigen, was mittlerweile gilt und warum Mitarbeiterbeteiligungen gerade für Unternehmen in einer starken Wachstumsphase attraktiv sein können.

Das (wohl) größte Problem bei der Beteiligung von Mitarbeitern ist, dass es dazu kommen kann, dass Steuern (in Form von Lohnsteuer) zu bezahlen sind, bevor der Mitarbeiter überhaupt Geld bekommt. Das nennt man „Dry Income“.

Das Gesetz hilft hier unter bestimmten Voraussetzungen mit einer Verschiebung der Besteuerung auf einen späteren Zeitpunkt. Diese Möglichkeit wurde durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) etwas großzügiger gefasst. Insbesondere hat sich der Kreis der Unternehmen, welche die Möglichkeit eines Besteuerungsaufschubs für Mitarbeiterbeteiligungen am eigenen Unternehmen in Anspruch nehmen können, deutlich erweitert. Das zum Teil auftretende Problem des Dry-Income bei der Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen wurde entschärft.

Hintergrund

Die Möglichkeit der Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen, und damit an dessen Erfolg, sollen Unternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase helfen, qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer zu finden und langfristig zu beschäftigen, obwohl sie häufig (noch) nicht über ausreichend liquide Mittel verfügen, um Spitzenlöhne zu zahlen. Eine nur durchschnittliche monetäre Entlohnung kann so durch die Beteiligung des Arbeitnehmers am Unternehmen und damit an dessen Gewinn- bzw. Wachstumspotenzial ausgeglichen werden.

Verschiedene Arten der Mitarbeiterbeteiligung

Für Mitarbeiterbeteiligungen gibt es verschiedene Möglichkeiten und Modelle. Soll der Mitarbeiter zwar am Wachstum und Wert des Unternehmens beteiligt werden, aber dennoch kein „echter“ Gesellschafter werden, können sog. „virtuelle Anteile“ ausgegeben werden. Der entsprechende Mitarbeiter wird dann finanziell so gestellt, als wäre er direkt am Unternehmen beteiligt und partizipiert an dessen Entwicklung und Wertsteigerung, hat aber keine Mitsprache- oder Gesellschafterrechte, sondern nur einen reinen Zahlungsanspruch gegen die Gesellschaft (gemäß den im Beteiligungsprogramm vereinbarten Bedingungen).

Das Gegenstück ist die echte Beteiligung. Der Mitarbeiter wird echter Gesellschafter des Unternehmens und erhält entsprechend nicht nur finanzielle Ansprüche, sondern echte Gesellschafterrechte.

Anstelle der echten oder virtuellen Beteiligung am Unternehmen kann dem Mitarbeiter auch eine Option eingeräumt werden. Das heißt, bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte oder Kennzahlen hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, Anteile am Unternehmen zu erwerben. Meist wird im Zeitpunkt der Einräumung der Option bereits ein bestimmter Erwerbspreis für den späteren Erwerb der Anteile (= Ausübung der Option) festgelegt.

Daneben existieren auch noch Treuhandmodelle oder stille Beteiligungen, auf welche hier jedoch aufgrund der gebotenen Kürze nicht näher eingegangen werden soll.

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme können folglich aufgrund der Vielzahl von Formen so gestaltet werden, dass sie die verschiedenen Interessen des Unternehmens und seiner Mitarbeiter abbilden.

Das Dry-Income-Problem

Einkünfte, die aus einer echten  Beteiligung erzielt werden, zählen grundsätzlich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und sind, wenn später Gewinne ausgeschüttet werden oder das Unternehmen nach vielen Jahren im Rahmen eines sog. „Exits“ veräußert wird, entsprechend wie diese (günstiger) zu versteuern. Wird die Beteiligung am Unternehmen allerdings vergünstigt oder gar unentgeltlich gewährt wird, stellt bereits das einen sog. „geldwerten Vorteil“ dar, den der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zuwendet. Diesen Vorteil müsste der Mitarbeiter grundsätzlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zusammen mit seinen übrigen Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis mit bis zu 45 % versteuern. Diese Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer (in Form der Lohnsteuer), fällt also bereits an, obwohl dem Mitarbeiter im Rahmen seiner Beteiligung am Unternehmen (noch) keine liquiden Mittel zugeflossen sind, aus welchen er die Steuerlast decken könnte. Das nennt man die „Dry-Income-Problematik“. Reicht der Lohn zur Begleichung der Steuerlast nicht aus, muss der Arbeitnehmer diesen Betrag aus seinem privaten Vermögen leisten. Dies macht die Mitarbeiterbeteiligung oft für Mitarbeiter in mehrfacher Hinsicht unattraktiv.

Aktuell gewährt das Gesetz einen steuerfreien Höchstbetrag für eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung, der bei 2.000 EUR liegt (§ 3 Nr. 39 EStG). Das hilft in den relevanten Fällen nicht wirklich weiter.

Zinslose Stundung, § 19a EStG

  • § 19a EStG enthält daher für bestimmte Fälle eine (zinslose) Stundungs-Regelung, die für die Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligung in Anspruch genommen werden kann. Durch das ZuFinG wurde der Kreis der Unternehmen, die von §19a EStG umfasst sind, erweitert und die Mitarbeiterbeteiligung dadurch für viele Arbeitnehmer (und in Folge daraus auch für viele Arbeitgeber) attraktiver.

Voraussetzungen von § 19a EStG (aktuell) – Was gilt?

Von der Regelung des § 19a EStG sollen grundsätzlich nur Unternehmen bis zu einer bestimmten Größe (insb. im Hinblick auf Umsatz und Anzahl der Mitarbeiter) profitieren, um sie im Vergleich zu den big Playern in der Konkurrenz um Arbeitnehmer zu stärken. Entsprechend umfasst die Regelung nur jene Unternehmen, die im aktuellen Kalenderjahr oder in einem der vergangen sechs Kalenderjahre folgende Höchstgrenzen nicht überschreiten oder überschritten haben:

  • Bis zu 1000 Mitarbeitende
  • 100 Mio. EUR Jahresumsatz
  • 86 Mio. EUR Jahresbilanzsumme.

Weiterhin sollen nur „junge“ Unternehmen begünstigt werden, die Gründung des Unternehmens darf daher nicht länger als 20 Jahre zurückliegen.

Die Anteilsübertragung kann sowohl durch den Arbeitgeber als auch durch den Mutterkonzern erfolgen. Allerdings muss die Beteiligung am Arbeitgeber selbst sein; die oftmals attraktivere Übertragung von Anteilen an der Mutter hat es -obwohl geplant- nicht ins Gesetz geschafft. Die Mitarbeiterbeteiligung muss dem Arbeitnehmer außerdem zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zugutekommen. Eine Mitarbeiterbeteiligung, die den Arbeitslohn ersetzt, wird von der Vorschrift nicht umfasst.

Entscheiden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer für den Aufschub, so fällt auf den geldwerten Vorteil im Jahr der Gewährung der Anteile keine Lohnsteuer an. Sozialversicherungsbeiträge, die hierauf entfallen, sind vom Lohnsteueraufschub nicht umfasst! Sie müssen im Übertragungsjahr entrichtet werden.

Dauer des Aufschubs

Es handelt sich nur um eine Stundung der Steuer, nicht um Steuerfreiheit. Irgendwann ist also die Steuer zu bezahlen.

Der Aufschub gilt bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, maximal jedoch 15 Jahre. Sollte ein weiter Aufschub (bis zum Verkauf der Beteiligung, siehe nachfolgend) gewünscht sein, müsste der Arbeitgeber unwiderruflich die Haftung für die Lohnsteuer übernehmen. Wie der Begriff der Haftungsübernahme bereits sagt, droht dem Arbeitgeber im worst case eine Verbindlichkeit für jemanden zu übernehmen zu müssen, der zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht einmal mehr für das Unternehmen arbeitet. Im best case jedoch kann er einen wichtigen Mitarbeitenden, der schon mindestens 15 Jahre im Unternehmen ist, weiter an sich binden.

(Anmerkung: Auch die Anwendung der für den Arbeitnehmer meist günstigen „Fünftel-Regelung“, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll, sollte stets geprüft werden.)

Der Hauptanwendungsfall des §19a EStG liegt allerdings in der Möglichkeit, die Besteuerung auf den Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung zu verschieben. Die Steuer kann dann aus dem Veräußerungserlös beglichen werden. Im Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung muss der Arbeitnehmer die vergünstigte Überlassung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und den Wertzuwachs in der Beteiligung als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern. Siehe hierzu folgendes Beispiel:

Der Mitarbeiterin M wird im Jahr 01 für einen Erwerbspreis von 1.000 EUR eine Beteiligung am Unternehmen durch ihren Arbeitgeber eingeräumt. Die Beteiligung hat einen Verkehrswert von 5.000 EUR. Im Jahr 06 scheidet M aus dem Unternehmen aus und veräußert in diesem Zusammenhang die Beteiligung, die inzwischen einen Verkehrswert von 15.000 EUR hat.

M muss im Jahr 06 die vergünstigte Überlassung der Beteiligung in Höhe von 4.000 EUR als Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit mit ihrem persönlichen Steuersatz versteuern. Zudem muss sie die Wertsteigerung in den Anteilen in Höhe von 10.000 EUR als Kapitalerträge mit 25 % zzgl. SolZ versteuern.

Hätte M nicht die vorläufige Nichtbesteuerung des geldwerten Vorteils nach § 19a EStG in Anspruch genommen, hätte Sie bereits im Jahr 01 die Wertdifferenz in Höhe von 4.000 EUR versteuern müssen und die Lohnsteuer aus ihrem laufenden Einkommen oder ggf. privaten Vermögen leisten müssen.

Steuerstundung bei anderen Formen der Mitarbeiterbeteiligung

Auch bei den Optionsmodellen kommt es, wenn auch zeitverzögert, oft zu Dry-Income. Weil die Einräumung der Option noch keinen Vermögenswert darstellt, entsteht zu diesem Zeitpunkt noch keine Besteuerung. Bei Ausüben der Option und dem damit verbunden Erhalt von Unternehmensanteilen unter dem Verkehrswert kommt es jedoch zur Gewährung eines geldwerten Vorteils, der die Lohnsteuer auslöst. Auch hier fließen dem Mitarbeiter (noch) keine liquiden Mittel zu, weshalb es auch hier zu Dry-Income kommt. Dry-Income ist bei Optionsmodellen vor allem dann verbreitet, wenn der Erwerbspreis für die Anteile bereits im Zeitpunkt der Optionseinräumung festgelegt wurde und danach die Anteile im Wert gestiegen sind. Im Zuge einer Optionseinräumung auf § 19a EStG zu setzen, hat den Vorteil, dass der Zeitpunkt der Besteuerung auf einen für den Arbeitnehmer günstigeren Zeitpunkt (Veräußerung der Anteile) verschobenen werden kann.

Werden nur virtuelle Anteile ausgegeben, hat der Mitarbeiter zu einem bestimmten Zeitpunkt einen reinen Zahlungsanspruch gegen die Gesellschaft (da die Beteiligung des Mitarbeiters am Unternehmen nur finanziell nachgebildet wird, ohne ihn direkt an der Gesellschaft zu beteiligen). Diese Zahlung muss er erst in dem Zeitpunkt versteuern, in dem ihm den liquiden Mitteln in Form von Geld tatsächlich zufließen. Der Erhalt bloß virtueller Anteile ist steuerlich nicht relevant. Daher hat der Mitarbeiter hier kein Problem mit Dry-Income. Allerdings fällt der gesamte Wert in den persönlichen Höchststeuersatz.

HEIDE EFFNER | WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITERIN

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